Warnung vor den Tarifwechsel-Vorschlägen Ihrer PKV

Markus Bauer • 18. November 2024

Den Tarifwechsel-Vorschlägen Ihrer PKV keinesfalls blind vertrauen


Was sich reißerisch anhört, soll hier ganz seriös an einem konkreten Beispiel aufgezeigt werden. Unser Kunde hat von der Generali diese 3 Alternativvorschläge zu seinem Tarif CV3H1 erhalten:





Welche gesetzlichen Pflichten die PKVs bei Beitragserhöhungen haben


Bevor ich auf die Alternativvorschläge oben eingehe, möchte ich kurz erläutern, welche gesetzlichen Pflichten die PKVs hinsichtlich des Vorschlags von Tarifalternativen bei Beitragserhöhungen haben:


  • Bei einer Beitragserhöhung über 10% muss die PKV den Versicherten auf sein Recht hinweisen, in einen anderen Tarif mit gleichartigem Versicherungsschutz zu wechseln.


  • Bei Beitragserhöhungen für Versicherte, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, muss die PKV auf Tarife hinweisen, die eine Beitragsreduzierung ermöglichen, auch wenn dies mit Leistungseinschränkungen verbunden ist.


Sehen wir uns § 6 Informationspflichten während der Laufzeit des Vertrages in der sog. VVG-InfoV an:


(2) Bei der substitutiven Krankenversicherung nach § 146 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes hat der Versicherer bei jeder Prämienerhöhung unter Beifügung des Textes der gesetzlichen Regelung auf die Möglichkeit des Tarifwechsels (Umstufung) gemäß § 204 des Versicherungsvertragsgesetzes hinzuweisen.


Bei Versicherten, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, ist der Versicherungsnehmer auf Tarife, die einen gleichartigen Versicherungsschutz wie die bisher vereinbarten Tarife bieten und bei denen eine Umstufung zu einer Prämienreduzierung führen würde, hinzuweisen. Der Hinweis muss solche Tarife enthalten, die bei verständiger Würdigung der Interessen des Versicherungsnehmers für eine Umstufung besonders in Betracht kommen.


Zu den in Satz 2 genannten Tarifen zählen jedenfalls diejenigen Tarife mit Ausnahme des Basistarifs, die jeweils im abgelaufenen Geschäftsjahr den höchsten Neuzugang, gemessen an der Zahl der versicherten Personen, zu verzeichnen hatten.


Insgesamt dürfen nicht mehr als zehn Tarife genannt werden. Dabei ist jeweils anzugeben, welche Prämien für die versicherten Personen im Falle eines Wechsels in den jeweiligen Tarif zu zahlen wären.


Darüber hinaus ist auf die Möglichkeit eines Wechsels in den Standardtarif oder Basistarif hinzuweisen. Dabei sind die Voraussetzungen des Wechsels in den Standardtarif oder Basistarif, die in diesem Falle zu entrichtende Prämie sowie die Möglichkeit einer Prämienminderung im Basistarif gemäß § 152 Absatz 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes mitzuteilen.


Zusammenfassend können wir folgende Kriterien für die Tarifvorschläge festhalten:

  • Die vorgeschlagenen Tarife müssen einen gleichartigen Versicherungsschutz bieten.
  • Die Vorschläge müssen zu einer Beitragsreduzierung führen, d. h. die Prämie muss kleiner sein als im aktuellen Tarif.
  • Es muss der verkaufsstärkste Tarif des letzten Geschäftsjahres vorgeschlagen werden.
  • Es muss auch ein Angebot für den Standardtarif oder den Basistarif gemacht werden.



Bewertung der Generali-Vorschläge mit Blick auf gesetzliche Vorgaben


Die Generali schlägt mit GesundS den neuzugangsstärksten Tarif vor (was sie nicht immer macht, siehe hier), sowie den Standard- und den Basistarif. Die Prämien sind angegeben und liegen auch unter der des aktuellen Tarifs.


Also gut gemacht? JEIN, weil der günstigste Tarif mit sehr ähnlichem Versicherungsschutz fehlt.


Aber war da nicht noch "Der Hinweis muss solche Tarife enthalten, die  bei verständiger Würdigung der Interessen des Versicherungsnehmers für eine Umstufung besonders in Betracht kommen."?


Sehen Sie selbst, in unserem Leistungsvergleich rechts: Zweibettzimmer und Chefarztbehandlung, wie der alte Tarif links, dazu 300 Euro günstiger!  Kommt der Tarif in Betracht? Nicht für die Generali!




Plan A = beste Tarife weglassen, Plan B = tarnen, täuschen und verwirren


Und wenn Ihre PKV mangels anderer Alternativen nicht umhin kommt, den für Sie preiswertesten Tarif vorzuschlagen, dann gibt es immer noch diese Taktiken:

  • Leistungsvergleich: fehlt ganz oder ist nur oberflächlich
  • vergiftetes Angebot: Preisvorteil kleinreden, z. B. durch Überbetonung der Minderleistungen
  • verwirrendes Angebot: inhaltlich widersprechend oder unübersichtlich viele Alternativvorschläge


Schauen wir uns wieder am konkreten Generali-Beispiel an (alle Ausschnitte, oben wie unten, kommen aus ein und derselben Generali-Mitteilung an unseren Kunden Matthias H.), was damit gemeint ist:

"Der GesundS ist ein Tarif mit niedrigen Leistungen". Offensichtlich aber mit so vielen Mehrleistungen, dass "eine Gesundheitsprüfung notwendig" ist! Ja was denn nun?

 

Vom GesundS können Sie "später auch nicht mehr in den Standardtarif wechseln", siehe oben.

 

Aber: "Die Leistungen im Standardtarif sind stark eingeschränkt. Bitte bedenken Sie das, wenn Sie in den Standardtarif wechseln möchten.", siehe unten.


Dann ist es angesichts der unterirdischen Leistungen im Standardtarif wohl doch nicht so tragisch, dass man aus GesundS oder anderen Unisex-Tarifen nicht mehr in den Standardtarif wechseln kann.

Falls noch nicht alle Klarheiten beseitigt waren, dann spätestens nach "Im Standardtarif kann sich nicht jeder versichern. Bei Interesse prüfen wir die Voraussetzungen."


Das nenne ich ein vergiftetes und maximal verwirrendes Angebot, mit dem Sie als Kunde allein gelassen werden. Ganz schuldlos ist der Gesetzgeber nicht, denn der neuzugangsstärkste Tarif kann nur ein noch für Neukunden geöffneter Unisex-Tarif sein. Das ist nicht wirklich ein Qualitätsmerkmal.



Mit welchen Mitteln die PKVs rücksichtslos Ihre Gewinnziele verfolgen


Nur am Rande: Die Allianz deklariert unterschiedliche Tarife als neuzugangsstärkste - je nachdem, was der Allianz besser in den Kram passt. Auch zahlreiche Bisex-Tarife werden so bezeichnet, obwohl  diese spätestens 2012 für Neukunden geschlossen und seither keine Neuabschlüsse generiert wurden.


BBKK und UKV machen teilweise fünf Alternativvorschläge, nennen aber immer nur zwei Merkmale, etwa Selbstbehalt und Implantate, bei denen die günstigere Alternative schlechter ist, falls möglich. Abgesehen davon: Wer wechselt nur wegen des Preises, ohne alle Leistungsunterschiede zu kennen?


Die Hallesche behauptet Ende 2024 dreist, dass der NK XL BONUS neuzugangsstärkster Tarif sei, Kostenpunkt für 55-jährige Neukunden ab Januar rund 950 Euro. Einem Kunden, der jetzt 508,64 Euro und bald 614,50 Euro zahlt, wird also ein Tarif für 805,23 Euro vorgeschlagen: Prämienreduzierung??!

 

Nochmals zurück zur Generali: Mit einer derartigen Kommunikation geht das Risiko gegen null, dass der Kunde wechselt. Das spart der Generali nicht nur eine Menge Arbeit, sondern auch sehr viel Geld.


Dank Check 360° spart Matthias H. 300 Euro im Monat, OHNE Leistungsverzicht (MIT Zweibettzimmer und Chefarztbehandlung) und OHNE in einen Unisex-Tarif wechseln zu müssen.



Was Matthias H. von der "Tarif-Unterschlagung" der Generali hält




Wenn auch Ihr Vertrag zu teuer ist und/oder auch Ihre PKV verwirrend kommuniziert: Lassen Sie sich vom Profi unabhängig beraten. Selbst ein Gruppenvertrag schützt nicht davor, Geld zu verbrennen.


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