Allianz spielt sich als Beschützer auf und bevormundet Kunden

Markus Bauer • 10. April 2025

Erst suboptimale Tarifempfehlungen, dann Bevormundung


Die Allianz empfiehlt ihren PKV-Kunden bei Beitragsanpassungen nachweislich überwiegend NICHT die günstigsten gleichwertigen Tarife. Das war schon Ende 2023 so, und Ende 2024 leider nicht anders.


Neu seit Anfang 2025 ist allerdings die Bevormundung der PKV-Kunden, wenn diese sich hilfesuchend an einen Tarifwechsel-Spezialisten wenden. Aber der Reihe nach ...


PKVs verpflichtet auf neuzugangsstärkste Tarife hinzuweisen


VVG-Informationspflichtenverordnung, § 6 Informationspflichten während der Laufzeit des Vertrages:

...

(2) Bei der substitutiven Krankenversicherung nach § 146 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes hat der Versicherer bei jeder Prämienerhöhung unter Beifügung des Textes der gesetzlichen Regelung auf die Möglichkeit des Tarifwechsels (Umstufung) gemäß § 204 des Versicherungsvertragsgesetzes hinzuweisen.

Bei Versicherten, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, ist der Versicherungsnehmer auf Tarife, die einen gleichartigen Versicherungsschutz wie die bisher vereinbarten Tarife bieten und bei denen eine Umstufung zu einer Prämienreduzierung führen würde, hinzuweisen.

Der Hinweis muss solche Tarife enthalten, die bei verständiger Würdigung der Interessen des Versicherungsnehmers für eine Umstufung besonders in Betracht kommen.
Zu den in Satz 2 genannten Tarifen zählen jedenfalls diejenigen Tarife mit Ausnahme des Basistarifs, die jeweils
im abgelaufenen Geschäftsjahr den höchsten Neuzugang, gemessen an der Zahl der versicherten Personen, zu verzeichnen hatten ...


Die Allianz schlägt z. B. Kunden in 700er-Tarifen (früher Vereinte) nur andere 700er-Tarife und Ärzten den preis-leistungsschwachen 2820 oder sogar den noch teureren 2810 vor. Beim Toptarif AMBS ist es der leistungsmäßig lausige AMS70, bei anderen AktiMed-Tarifen ab und zu sogar der gute AMP70PU.


Die Vorgabe gleichartiger Versicherungsschutz bedeutet aber weder ausschließlich identische Tarife, noch viel schwächere Tarife mit noch schlechterem Preis-Leistungsverhältnis. Es geht vielmehr darum, Alternativen aufzuzeigen, die ähnlichen Schutz zu günstigeren Konditionen bieten.


Die Allianz gibt, siehe weiter unten, vor, zu wissen, dass das Interesse an einer Beitragssenkung häufig der Anlass für eine Vertragsänderung ist. Warum dann suboptimale Vorschläge, alle Jahre wieder?


Schwer zu glauben, dass die Allianz keine Strategie verfolgt


Schon die Tatsache, dass dem einen Kunden dieser, einem anderen jener Tarif unter der Überschrift "Neuzugangsstärkster Tarif" vorgeschlagen wird, irritiert - allerspätestens nach folgendem Hinweis:

Wir weisen auf unseren neuzugangsstärksten Tarif hin. Dazu sind wir gesetzlich verpflichtet (VVG-InfoV). Ob dieser Tarif für Sie eine sinnvolle Alternative darstellt, wird nicht geprüft.


"Unseren neuzugangsstärksten Tarif" hört sich ganz klar nach Einzahl an und ist im Zusammenhang mit mehreren derart bezeichneten Tarifen schlicht irreführend. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt ...


Im Allianz-Anschreiben zum Beitragsbescheid 2025 steht dann auch, so einlullend wie unzutreffend:

96% der Kunden behalten nach einer Beitragsanpassung ihren Versicherungsschutz unverändert bei. Wenn ... Sie die umfangreichen Leistungen ... beibehalten möchten, sind keine weiteren Schritte nötig. ... Ein Wechsel in einen preisgünstigeren Tarif ist in der Regel mit geringeren Leistungen verbunden.


Tarifpreise hängen grob vereinfacht von den verursachten Kosten ab, die je nach Zusammensetzung des Kollektivs IN GLEICHWERTIGEN TARIFEN durchaus sehr unterschiedlich sein können, siehe unten.


Der nächste (nicht letzte) Versuch, vom Tarifwechsel abzubringen, erfolgt in den Antragsunterlagen:

96% bleiben DESHALB auch nach einer Beitragsanpassung in ihrem Tarif? Woher weiß die Allianz das? Ich weiß zwar nicht, ob die 96% stimmen, aber als Grund tippe ich persönlich eher auf den Dreiklang aus suboptimalen Vorschlägen, grenzwertiger Kommunikation und Abschirmung aka Bevormundung.


Seit Anfang 25 schirmt Allianz PKV-Kunden gegen Makler ab


Nicht jeder PKV-Kunde vertraut blind auf die Allianz-Empfehlungen. Und nicht wenige Allianz-Kunden beauftragen einen Tarifwechsel-Experten mit einem unabhängigen Check. Zu diesem Zweck erteilt der Kunde dem Tarifoptimierer eine Vollmacht, in der er bzgl. des Postempfangs glasklar verfügt:


Ich beauftrage meine Versicherungsgesellschaft, die im Rahmen dieser Vollmacht angeforderten

Unterlagen für zeitnahe Auswertung  ausschließlich an die Check 360° GmbH zu schicken.


Die Allianz schert sich seit Anfang 2025 aber nicht mehr um diese schriftliche Verfügung des Kunden und begründet ihre Ignoranz gegenüber Maklern ohne Vollmacht für alle Sparten wie folgt:


Dem Kunden gegenüber begründet die Allianz ihre Bevormundung wie folgt:

Fürs Protokoll: Alle 7 dem Kunden angebotenen Tarifalternativen basierten auf unseren Vorschlägen.


Es wird auch insinuiert, dass nur die Allianz ausführlich und bedarfsgerecht berät - genau die Allianz, deren eigene Vorschläge erst dazu geführt haben, dass der Kunde unabhängig beraten werden will.


Mit anderen Worten: Der Bock macht sich selbst zum Gärtner.


"Ohne zusätzliche Kosten" ist auch nicht so ganz zutreffend, siehe das Beispiel des Apothekers unten, der über 10 Jahre - im festen Glauben an nicht optimierbare Tarife - rund 50.000 Euro verbrannt hat.


Maßnahmenpaket scheint zu funktionieren - für die Allianz


Natürlich sind Tarifvorschläge, Kommunikation und Vorgehen der Allianz rein wirtschaftlich motiviert. Kein Wunder, möchte man angesichts von Einsparpotenzialen und damit drohenden Umsatzverlusten wie unten abgebildet fast sagen.

Zum 333 Euro geringeren Beitrag x 12 = 4.000 Euro/Jahr kommt noch die um 1.000 Euro geringere SB.


Dass Kunden in gleichwertigen Tarifen 5.000 Euro einsparen könnten, seit vielen Jahren, spricht dafür, dass suboptimale Vorschläge, grenzwertige Kommunikation und Bevormundung "funktionieren".


Suboptimale Vorschläge sind dünnes Eis für den Versicherer


Unvollständige Informationen sind nicht ohne Risiko für den Versicherer - zumindest dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer NICHT von einem Versicherungsmakler vermittelt wurde.


§ 6 Abs. 2 VVG-InfoV begründet eine Pflicht des Versicherers im Rahmen des Vertragsverhältnisses. Die Rechtsfolge einer Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB ist ein Schadensersatzanspruch.


Kann der Versicherungsnehmer nachweisen kann, dass

  • der Versicherer die Informationspflicht verletzt hat (Hinweis fehlte, war unvollständig, war falsch),
  • der Versicherer dies zu vertreten hat (Verschulden wird gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet)
  • ihm kausal durch die fehlende Information ein bezifferbarer Schaden entstanden ist,

könnte ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen.


Eine Analogie zu § 6 Abs. 5 VVG (Schadensersatz bei Verletzung der Beratungspflicht) liegt nahe.

Der Schaden könnte in der Differenz zwischen der gezahlten erhöhten Prämie und der Prämie eines günstigeren Tarifs liegen, in den der Versicherungsnehmer bei korrekter Information gewechselt wäre.


Die Herausforderung liegt im Nachweis der Kausalität (Hätte der Versicherungsnehmer tatsächlich den Tarif gewechselt?) und der Höhe des entstandenen Schadens. Um im ersten Schritt zu erfahren, ob es bei Ihrer PKV preisgünstigere gleichwertige Tarife für Sie gibt, können Sie uns hier kontaktieren.

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